Mittwoch, 31. Oktober 2012

Hidschab & Hermès: Die orientalische Frau

Längst überfällig und zu Halloween fast schon deplaziert ist mein kleiner Exkurs zum Thema 'Die orientalische Frau'. Aber Anna von Mangoblüte hat mich mit ihrem Post inspiriert, hier vielleicht doch mal mit einigen Unstimmigkeiten oder Vorurteilen aufzuräumen, sofern mir das als Gelegenheitsurlauberin möglich ist. 

via Pinterest

Mit nahezu journalistischer Neugier habe ich mich auf meine Reisen nach Kairo begeben und hatte das grosse Glück, durch meinen orientalischen Freund, der dort einen Zweitwohnsitz hat, direkt 'mitten drin' zu sein im pulsierenden Leben dieser faszinierenden Stadt. Statt einfach nur die zweifellos in einer Überfülle vorhandenen Attraktionen abzuklappern, hat mich vor allem eines interessiert: Wie lebt die orientalische Frau? Hat sie die Möglichkeiten sich selber zu verwirklichen, beruflich wie privat, oder ist sie einfach nur ein von schwarzen Tüchern verhülltes Anhängsel eines dominanten Mannes, das sich still und leise damit abgefunden hat, den Haushalt zu führen und möglichst viele Kinder zu bekommen? 


Voller im Nachhinein erschreckend klischeebeladener Vorurteile landete ich zum ersten Mal in Kairo und hatte demonstrativ KEIN Tuch eingepackt, obwohl ich im Flugzeug gern einen kuscheligen Schal um meinen kratzenden Hals geschlungen hätte. Außerdem warteten meine schärfsten Skinny Jeans und High Heels auf ihren Einsatz. Ich würde mich diesem rückständigen, von Männern beherrschten System jedenfalls nicht anpassen, so lautete meine latent aggressive Misson. 

Mein kleiner Kulturschock entpuppte sich letztendlich als äußerst überraschender Sinneswandel: Ja, ich traf auf verschleierte Frauen, vom Kopf- bis Ganzkörperschleier war alles zu sehen, aber deutlich weniger häufig, als ich erwartet hatte. Statt verschüchtert hinter ihren Männern her zu schleichen (was es durchaus auch geben mag), trugen die meisten Orientalinnen ihren Schleier mit Stolz und wirkten mit ihren lebendigen Gesten und dem ansteckenden Lachen irgendwie so gar nicht eingeschüchtert und unterdrückt. 


Aber wie sah es denn nun hinter den Kulissen aus? Hatte ich hier einfach nur ein völlig verzerrtes Strassenbild, welches hinter verschlossenen Türen wie eine Seifenblase zerplatzen würde? Eines vorweg, ich habe nur wenig Kontakt mit den ländlicheren Gegenden gehabt, wo die muslimischen Glaubenssätze noch viel strikter und wahrscheinlich auch wesentlich altmodischer eingehalten werden.

Die moderne ägyptische Frau ist sich ihres Glaubens bewusst und fest verwurzelt mit den islamischen Grundsätzen, aber sie will und darf (!) sich auch verwirklichen. Eine gute Ausbildung und eine berufliche Karriere- unbedingt! Allerdings haben auch Ehe und Mutterschaft einen viel höheren Stellenwert, als wir Europäer das in unserer "Alles kann, nichts muss"-Mentalität so gewohnt sind, und die Familienplanung ist gerade vom Verwandtenkreis dringend gewünscht. Arrangierte Ehen gehören jedoch, zumindest in der Mittel- und Oberklasse, der Vergangenheit an. Es darf also aus Liebe geheiratet werden!

Aber, und da ist die Orientalin ganz streng, außereheliches Amüsement ist ein absolutes Tabu. Ganz moderne Vertreterinnen verloben sich zumindest dem äußereren Anschein nach, um zumindest mal in den Genuss einiger Liebesfreuden kommen zu dürfen. Aber in der Regel fordert der orientalische Mann eine Frau, die jungfräulich in die Ehe geht, und die Musliminnen bewahren sich ihre Unbeflecktheit mit Stolz und Würde. 


Aber deshalb keine Stiletto-Absätze tragen oder ein nettes Designer-Täschchen am Handgelenk baumeln lassen? Keinesfalls! Gerade in den großzügig angelegten Shopping Malls, die ich als bekennender Shopaholic natürlich alle auskundschaften musste, bin ich mit dem feudalen Style der Upper Class-Muslimin konfrontiert worden, und da waren schwindelerregende Louboutins, edle Designer-Stücke und ein aufwändiges Make-Up keine Seltenheit. Hidschab und Hermès- ein Widerspruch? Nicht im Geringsten!

Denn längst ist der Schleier nicht mehr (nur) ein Symbol für die Unterwerfung, Hingabe und eheliche Treue der Frau, sondern repräsentiert vor allem ihre Liebe zum eigenen Land, den Stolz, Muslimin zu sein. Nun schliessen sich ein offensives Bekenntnis zum islamischen Wertesystem und die Freude an einem zunehmend an europäischen Trends orienterten Styling aber nicht aus. Eine Ägypterin im trendigen Outfit , die ihren Kaffee bei Starbucks schlürft und dabei gedankenverloren in der "In Style" blättert? Keine Seltenheit! Aber eben diese Ägypterin wird sich auch für den Mann ihres Herzens aufsparen, und bald nach der Hochzeit alles daran setzten, Kinder in die Welt zu setzen.

Die hübsche Latifa von Beauty Latifa

Eigentlich doch eine ganz romantische Vorstellung, oder?

3 Kommentare:

  1. Ich habe bei Mangoblüte Deinen Kommentar entdeckt und wollte sehen, ob Du wieder bloggst. Es ist ja nichts Neues, Klischees über Frauen aus dem Orient zu thematisieren. Schon Einstein wusste, dass "es schwieriger ist, ein Vorurteil zu zertrümmern als ein Atom." Mit Deinem Posting trägst Du hoffentlich dazu bei, dieses Bild gerade zu rücken. LG

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  2. Vorurteile basieren ja ausschliesslich auf Unwissenheit, daher ist es immer ganz gut, sich selber ein Bild über die Dinge zu verschaffen, bevor man urteilt ;-).

    Ganz liebe Grüsse, und ein schönes Wochenende!

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  3. Hallo, Deutschland ist das Land der Vorurteile. Man muss sich Vorort selbst ein Bild machen um objektiv mitreden bzw. sich eine Meinung darüber bilden zu können. Muslimas haben Ihre Rechte und und das nicht zu knapp. Nur weil wir im Westen nicht so aufgewachsen sind wie Menschen auf anderen Kontinenten, bedeutet das doch nicht gleich das die Tradition schlecht ist. Jedes Land hat seine Kultur und das sollte man auch berücksichtigen und respektieren. Liebe Grüße !

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